Prof. Dr. med. Rolf Zander
Mail: cr-zander@widersprueche.eu
Web: www.widersprueche.eu
Bundesminister für Gesundheit
Herrn Jens Spahn
Friedrichstraße 108
10117 Berlin
26. Februar 2021 / keine Antwort erhalten
Nationale Teststrategie
Sehr geehrter Herr Minister Spahn,
nachdem Sie bereits am 29. Juni 2020 auf Twitter mitgeteilt haben „Testen, testen, testen – aber gezielt. Das ist unsere mit dem RKI entwickelte nationale Teststrategie“, konfrontieren wir Sie heute mit diversen Test-Möglichkeiten, die Sie bisher negiert haben.
Warum haben Sie sich über Monate nicht für die folgenden „gezielten“ Tests engagiert?
- Kläranlagen: Frühdiagnostik von Hotspots plus Nachweis von Mutanten
Mit PCR-Abwassertests plus Sequenzierung ist die Viruslast schon ab einer Inzidenz von 5 pro 100.000 Einwohner messbar. Auch asymptomatisch Erkrankte und veränderte Viren (Mutanten) werden identifiziert und zwar schneller und genauer, nämlich bis zu 10 Tage früher als die Zahlen des RKI dies melden (ZDF 08.02.2021).
Die Praxis: In 97 Landkreisen und 107 kreisfreien Städten mit 9.105 öffentlichen Kläranlagen werden im Schnitt jeweils 91.269 Einwohner von 83,1 Mio. erfasst, gut vergleichbar mit der Inzidenz bezogen auf 100.000.
Folgende erfolgversprechende Berichte dazu wurden von Ihnen übersehen:
Mai 2020
Nach Israel (2018) folgen Paris (Sorbonne), Australien, Niederlande und USA.
Die Tagesschau berichtet: Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), TU Dresden, Uni Bonn, Niederlande (KWR Water Research Institute), RWTH Aachen, Kreis Heinsberg.
August 2020
Forscherteam aus Aachen und Frankfurt erfolgreich (dpa, Deutsches Ärzteblatt).
Dezember 2020
Positive Berichte aus San José, Kalifornien, Aachen mit Frankfurt, Landkreis Berchtesgadener Land mit TU München, dem Technologiezentrum Wasser (TZW) in Karlsruhe und Epidemiologen der Bundeswehr, TU Darmstadt prüft Wasserproben aus Frankfurter Kläranlagen.
Februar 2021
ZDF s.o. - Diagnostik innerhalb von Hotspots
Innerhalb der aus dem Abwasser nachgewiesenen Hotspots werden bei Auftreten der ersten Symptome Erkrankter die PCR-Tests durchgeführt, und zwar zusammen mit dem CT-Wert, der das Ausmaß der Virenlast beschreibt, also dem Maß für die Infektiosität des Patienten (RKI meldet auf Nachfrage am 09.11.2020: „keine entsprechenden Pläne“).
Ab einem vom RKI festzulegenden CT-Wert erfolgt eine Kontakt-Nachverfolgung dieser sogenannten Superspreader. Nur diese werden vom Gesundheitsamt zur Kontaktverfolgung angesprochen und eine Isolation (Quarantäne) angeordnet. Zusätzlich erfolgt eine Sequenzierung zum Nachweis von Mutanten bei den Superspreadern. - PCR-Pool-Tests
In Schulen, Betrieben, Universitäten o. ä werden zu Schul-, Betriebs- oder Veranstaltungs- Beginn PCR-Pool-Tests für maximal ca. 20 Personen aus Spucke oder Mund-Spüllösungen vorgenommen, das Ergebnis liegt nach 2 - 3 Stunden vor. Bei einem positiven PCR-Test werden alle Einzelpersonen per PCR-Test erneut untersucht und dem Gesundheitsamt zur Kontaktverfolgung bzw. Isolation gemeldet.
Frühjahr 2020
DRK-Blutspendedienst: Pooltests seit den 1990er-Jahren bekannt, Testung größerer Gruppen in Kindergärten, Schulen, Heimen oder Unternehmen geeignet.
März 2020
Vorschlag des Blutspendedienstes des DRK und Virologen der Uniklinik Frankfurt, eine A-Probe geht ins Labor, eine B-Probe wird nur dann nachgetestet, wenn das Ergebnis der Sammelprobe positiv ausfällt. Die gebündelten Proben werden nach Schul- bzw. Veranstaltungs-Beginn ins Labor gebracht, der anschließende PCR-Test dauert 1 - 2 Stunden, sodass mittags die Ergebnisse vorliegen könnten.
Mai 2020
Virologen der Uni Saarbrücken zeigten im Fachblatt Lancet Infectious Diseases, dass sie das Verfahren bei fast 1200 Abstrichen angewendet und dabei bis zu 30 Proben gepoolt hatten. Nur 267 PCR-Tests waren demnach nötig, um 23 Personen als positiv zu identifizieren. Detailliert beschrieben die Forscher, dass in der PCR etwa fünf Zyklen mehr notwendig waren, aber das Zusammenführen von 30 Proben die Testkapazitäten mit ausreichender diagnostischer Genauigkeit erhöhen kann (Deutsches Ärzteblatt).
Herbst 2020
Ein Augsburger Labor zeigt in einer Schule nahe Dachau mit einem Test an 1200 Schülern, wie gut das Prinzip funktioniert. In der Stacado-Studie mit den Regensburger Domspatzen wiesen Ärzte nach, dass sich mit Pooltests größere Gruppen gut und günstig testen lassen – sie warten mit ihrem Testkonzept noch auf Zusagen des Ministeriums. Familienministerin Giffey ist für den Speicheltest: Spucken kann jeder.
Februar 2021
Alle genannten Zitate stammen aus der SZ vom 22.02.2021. - Antikörper-Tests / Impfpass
Geimpfte und Genesene erhalten einen Impfpass, in dem ein AK-Nachweis (IgA und IgM) mit Titer vermerkt ist, die Titer-Höhe legt das RKI fest. Dieser Test belegt die Immunisierung und fehlende Infektiosität und dient der Aufhebung der Corona-Beschränkungen.
Freiheit für Geimpfte (physioklin.de vom 17. Januar 2021)
Der Impfpass ist mit einem Verfallsdatum zu versehen, also zeitlich limitiert. Er kann ausgestellt werden, sobald eine 50 %-Mehrheit der über 16-Jährigen eine Einladung zum Impftermin erhalten hat, also ab 35 Mio. Bundesbürger (50 % von 83 - 13 = 70 Mio.).
Der Impfpass geht zurück auf den Grünen Pass in Israel, nach dem 3,2 Mio. (2,5 Mio. eine Woche nach Impfung plus 0,7 Mio. Menschen nach überstandener Infektion) als immunisiert und nicht infektiös gelten (SZ 22.02.2021).
Sehr geehrter Herr Minister Spahn,
wir bedanken uns im Voraus für Ihre Antwort, die wir Mitte März 2021 unter www.widersprueche.eu publizieren werden, hoffentlich zusammen mit Ihrer Antwort.
R. Zander, Mainz (79, parteilos)
P.S. Befürchten Sie nicht bei einem positiven Laien-Selbsttest die gleiche Panne wie bei der Corona-App, solange es „bislang keine Meldepflicht gibt – zumal nicht für den privaten Bereich“? (BM für Gesundheit, eingesehen am 26.02.2021).